Grundlegende Unterscheidung: Migräne mit und ohne Aura


Typisch für Migräne ist häufig eine einseitige Lokalisation der Kopfschmerzen. Betroffene beschreiben diese als pochend oder pulsierend. Während circa 80 Prozent der Migräniker an der Migräne ohne Aura leiden, entwickeln circa 20 Prozent eine Aura vor der eigentlichen Kopfschmerzattacke.2

Die beiden Typen im Überblick:

  • Migräne ohne Aura (früher auch einfache Migräne oder Hemikranie genannt): Die mäßigen bis starken Kopfschmerzattacken dauern zwischen 4 und 72 Stunden an.3 Sie werden begleitet von Übelkeit und/oder Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Körperliche Aktivitäten verstärken die Schmerzen.
  • Migräne mit Aura (früher klassische Migräne oder komplizierte Migräne): Unter Aura sind neurologische (das Nervensystem betreffende) Reiz- und Ausfallerscheinungen – Seh-, Gefühls- oder Sprachstörungen – zu verstehen. Die Symptome entwickeln sich langsam und halten fünf bis 60 Minuten an.2 Im Anschluss folgt die Kopfschmerzphase. In den meisten Fällen tritt die Aura- vor der Kopfschmerzphase auf, wobei sich diese beiden Migränephasen zeitlich teilweise überlappen können.

Augenmigräne


Experten nennen diese Form der Migräne auch ophthalmische Migräne. Da hier visuelle Beschwerden wie Lichtblitze, Flimmern und Gesichtsfeldeinschränkungen typisch sind, besteht auf den ersten Blick Verwechslungsgefahr mit der Auraphase bei einer Migräne mit Aura. Doch im Gegensatz zu dieser treten bei der Augenmigräne überwiegend keine Kopfschmerzattacken auf.

Bei der retinalen Migräne jedoch, einer ausgesprochen seltenen Sonderform der Augenmigräne, sind die typischen Migränekopfschmerzen vorhanden. Sie treten in Verbindung mit visuellen, monokulären (ein Auge betreffenden) Sehstörungen auf, zum Beispiel Flimmern oder vorübergehender Sehverlust.

Damit die Diagnose retinale Migräne gestellt wird, müssen zahlreiche Kriterien erfüllt sein. Notwendig ist unter anderem ein bestätigter Befund der visuellen Phänomene, beispielsweise durch eine ärztliche Untersuchung des Gesichtsfeldes während der Migräneattacke.3

Hormonelle Migräne


Frauen haben häufiger Migräne als Männer. Einer Befragung unter Erwachsenen in Deutschland aus dem Jahr 2019 zufolge, decken 6,0 Prozent der Männer die vollständigen Kriterien für die Diagnose Migräne ab, bei den Frauen sind es mit 14,8 Prozent mehr als doppelt so viele.4 Doch woran liegt das?

Ein Grund ist sicherlich die Form der hormonellen Migräne, die eben überwiegend Frauen betrifft. Grund hierfür sind die häufig schwankenden Hormonverhältnisse im Leben einer Frau. Sei es durch die Menstruation, die Einnahme der Pille oder das Einsetzen der Wechseljahre.

Chronische Migräne


Selbst wenn die Migräneattacken – egal welcher Form – „nur“ gelegentlich auftreten, würden Betroffene angesichts der schmerzvollen Stunden und Tage gerne darauf verzichten.

Doch häufen sich die Attacken und schränken sowohl das Arbeits- als auch Berufsleben massiv ein, stellen sich einige vielleicht die Frage, ob ihr Leiden bereits chronisch ist.

Um als chronisch zu gelten müssen die Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat und über drei oder mehr Monate hinweg auftreten. An mindestens 8 Tagen sollten typische Migränekopfschmerzen vorliegen.5

Migräne mit Hirnstammaura (früher: Basilarismigräne)


Die Migräne mit Hirnstammaura – diese Bezeichnung sollte den Begriffen Basilarismigräne oder Migräne vom Basilaristyp vorgezogen werden – zählt zu den spezielleren Formen von Migräne.

Sie zeichnet sich insbesondere durch beidseitige, starke Schmerzen aus und ist schwer von anderen Krankheitsbildern wie einem Schlaganfall oder dessen Vorboten, der sogenannten Transitorischen ischämischen Attacke (TIA), abzugrenzen.

Beschwerden wie Hörgeräusche, die Unfähigkeit zu sprechen oder zu schlucken sowie das Sehen von Doppelbildern können sowohl für eine Migräne mit Hirnstammaura, aber eben auch für andere neurologische Erkrankungen wie einen Schlaganfall sprechen.

Umso wichtiger ist bei plötzlich auftretenden Symptomen daher eine umfassende ärztliche Diagnose, nachdem sicherheitshalber der Notruf 112 gewählt wurde.

Vestibuläre Migräne (Schwindelmigräne)


Die vestibuläre Migräne wird von ausgeprägtem, attackenartigem Schwindel begleitet, der in seiner Dauer zwischen Sekunden bis Stunden, seltener sogar über Tage, variieren kann.6

Der Schwindel äußert sich in Form von Schwank- oder Drehschwindel, auch Gangunsicherheit ist möglich. Häufig schließen sich dann Kopfschmerzen und weitere migränetypische Beschwerden wie Übelkeit und Licht- sowie Lärmempfindlichkeit an.

Seltene Migränekomplikationen


Es gibt weitere Arten von Migräne, die extrem rar sind und deren Ursachen bis jetzt teilweise unbekannt sind. Bei nachfolgenden spricht man von Migräne-Komplikationen:

  • Status migränosus: Diese stark beeinträchtigende Migräneattacke dauert länger als 72 Stunden an.7 Kurze Schmerzpausen sind möglich, wenn der Patient schläft oder durch Medikation.
  • Persistierende (anhaltende) Aura ohne Hirninfarkt: Die Migräneaura ohne Kopfschmerzen hält eine Woche oder länger an, ohne dass in einer radiologischen Untersuchung, beispielsweise einer Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT), ein Hirninfarkt festgestellt wird.3
  • Migränöser Infarkt: Bei dieser Komplikation bestehen ein oder mehrere Aurasymptome länger als 60 Minuten.3 Im Gegensatz zu der persistierenden Aura ohne Hirninfarkt zeigt die zerebrale (das Gehirn oder Großhirn betreffende) Bildgebung einen Schlaganfall in einem entsprechenden Hirnareal. Achtung: Besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall, etwa weil ein Mundwinkel des Betroffenen herabhängt, muss unverzüglich der Notruf 112 gewählt und der Patient sofort in ein Krankenhaus gebracht werden.
  • Epileptischer Anfall, ausgelöst durch Migräneaura (auch Migralepsie genannt): Der Krampfanfall, der in seiner Intensität variieren kann, tritt während oder innerhalb einer Stunde nach der Migräne mit Aura auf.3

Mit Informationen erschlagen?

Das Krankheitsbild der Migräne ist in den letzten Jahren zwar mehr in das Blickfeld der Gesellschaft gerückt. Trotzdem gibt es weiter großen Forschungs- und Aufklärungsbedarf. Die vorausgegangene Auflistung gängiger Migräneformen wirft möglicherweise einige Fragen zu Ihrer individuellen Situation auf. Seien Sie sich einer Sache gewiss: Sie sind nicht allein. Keinesfalls sind Sie den Schmerzen und der mit der Erkrankung verbundenen emotionalen Belastung ausgeliefert. Es gibt Behandlungsmöglichkeiten der Migräne, sowohl medikamentöser also auch nicht-medikamentöser Art.

Das interessierte andere Leser:
Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen