Vestibuläre Migräne: Anzeichen der Schwindelmigräne


Namentlich leitet sich die vestibuläre Migräne von der engen Verbindung zum vestibulären System ab. Zu diesem gehören die Teile des Innenohrs und Gehirns, die wir unter anderem zur Haltungs- und Gleichgewichtskontrolle benötigen.

Es gibt uns beispielsweise Auskunft darüber, in welche Richtung wir uns bewegen oder ob wir stillstehen. Störungen dieses Systems können Missempfindungen wie Schwindel hervorrufen.

Attackenartiger Schwindel ist das charakteristische Kennzeichen der vestibulären Migräne. Art, Dauer und Zeitpunkt des Schwindels variieren jedoch sehr stark. Der Schwindel kann Vorbote der Migränekopfschmerzen sein und mit dem Einsetzen der Schmerzen verschwinden.

Er kann aber auch für die Dauer der gesamten Migräneattacke bestehen bleiben oder sich erst nach der Kopfschmerzattacke ausbilden. In etwa 30 Prozent der Fälle fehlen die Kopfschmerzen bei der Schwindelmigräne sogar ganz1.

Stattdessen wird der Schwindel oft durch andere, typische Anzeichen einer Migräne begleitet. Dazu zählen beispielsweise:

  • Licht- und Lärmempfindlichkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Verschlimmerung der Symptome durch Bewegung (gilt für Kopfschmerzen und Schwindel)

Dauer ein Schwindelmigräne


Über die Dauer eines Anfalls von Schwindelmigräne lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Eine Attacke dauert manchmal nur wenige Minuten, kann sich aber auch über mehrere Stunden und in seltenen Fällen sogar über Tage hinziehen2.

Auch die Art des Schwindels unterscheidet sich möglicherweise in Form und Ausprägung. So leiden einige Betroffene unter starkem Drehschwindel (gefühlte Drehung), andere beschreiben eher einen Schwankschwindel (Unsicherheit im Stand und beim Gehen mit Fallneigung). Auch eine leichte Gangunsicherheit kann bei der vestibulären Migräne auftreten.

Basilare oder vestibuläre Migräne?

Kommt es zusätzlich zu Symptomen wie Sehstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen oder gar Lähmungserscheinungen, könnte es sich auch um eine sogenannte Basilarismigräne handeln.

Diagnosekriterien für die Schwindelmigräne


Die Vielfalt der Symptome sowie ihre verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten machen es auch für Ärzte schwer, die vestibuläre Migräne als solche zu erkennen. Auch der Umstand, dass zahlreiche andere Erkrankungen existieren, die sich durch Schwindel äußern, erschwert die Diagnosestellung.

Schließlich kommt hinzu, dass eine eindeutige Klassifikation der vestibulären Migräne bis vor kurzem fehlte. Viele Mediziner erkannten die Schwindelmigräne daher nicht als eigenes Krankheitsbild an.

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (IHS) hat in Zusammenarbeit mit der Fachgesellschaft für die Erforschung von Schwindelerkrankungen (Bárány-Gesellschaft) mittlerweile Diagnosekriterien formuliert, die Ärzten künftig dabei helfen sollen, eine Schwindelmigräne zuverlässig zu erkennen.

Empfohlene Kriterien zur Diagnose einer vestibulären Migräne

  1. Der Patient beschreibt Schwindelattacken, deren Dauer im Bereich zwischen 30 Sekunden und mehreren Tagen liegt.
  2. Der Patient leidet zusätzlich zum Schwindel an Migränekopfschmerzen oder hat in der Vergangenheit bereits Migräneattacken durchlebt.
  3. Der Schwindel kann als alleinstehendes Symptom vorliegen, aber auch in Kombination mit typischen Begleiterscheinungen einer Migräne (unter anderem Übelkeit und Erbrechen).
  4. Andere Erkrankungen, die den Schwindel erklären würden, konnten ausgeschlossen werden.

Störung der Augenbewegung als zusätzliches Anzeichen von Schwindelmigräne:

Stellt der Arzt im Rahmen seiner Untersuchung zusätzlich einen sogenannten okulären Nystagmus fest, kann das die Diagnose weiter bekräftigen. Der Begriff okulärer Nystagmus beschreibt unwillkürliche, rhythmische Augenbewegungen. Im Zusammenhang mit der vestibulären Migräne treten Störungen der Augenbewegung meist während der Schwindelattacken auf. In seltenen Fällen können Sie jedoch auch in symptomfreien Phasen beobachtet werden.

Um andere Erkrankungen auszuschließen, die einen Schwindel verursachen können, wird in der Regel eine Kernspintomographie sowie eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung durchgeführt.

Vestibuläre Migräne oder Morbus Menière?


Eine Schwindelattacke ist ein sehr unspezifisches Symptom und kann neben der vestibulären Migräne auch auf zahlreiche andere Ursachen hindeuten.

Eine Erkrankung, deren Symptomatik besonders große Ähnlichkeit mit der Schwindelmigräne aufweist und nur schwer davon zu unterscheiden ist, ist Morbus Menière (M. Menière).

Auch dieser zeichnet sich durch Schwindelanfälle aus, die schubweise auftreten und von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein können. Das prägnanteste Unterscheidungskriterium ist Schwerhörigkeit, die durch M. Menière, aber nicht durch die vestibuläre Migräne, verursacht wird.

Allerdings kommt erschwerend hinzu, dass beide Erkrankungen gleichzeitig auftreten können und einander zu beeinflussen scheinen. So leiden Patienten mit M. Menière doppelt so häufig an Migräne wie gesunde Menschen1.

Andersherum betrachtet, ist Migräne aber auch ein Risikofaktor für M. Menière. Demnach sind Migränepatienten anfälliger für M. Menière-bedingten Hörverlust als Menière-Patienten ohne Migräne. Der Grund für diese Überlappung ist noch nicht bekannt.

Ursachen für die vestibuläre Migräne (Schwindelmigräne)


Wie genau eine vestibuläre Migräne zustande kommt, ist noch nicht hinreichend geklärt. Es gibt jedoch Forschungsergebnisse, die mögliche Erklärungsansätze für das gleichzeitige Auftreten von Schwindel und Migränekopfschmerz liefern.

Die beiden Gehirnregionen, die der Schmerzwahrnehmung beziehungsweise dem Gleichgewichtssinn zugeordnet werden, liegen in großer räumlicher Nähe zueinander.

Denkbar wäre demnach, dass sich das schmerzverarbeitende System und das vestibuläre System im Gehirn gegenseitig beeinflussen, wodurch die Schwindelmigräne verursacht wird.

Es gibt außerdem Hinweise, dass das Gleichgewichtssystem von Patienten mit vestibulärer Migräne übererregbar, also besonders empfindlich gegenüber Reizen ist. Das könnte womöglich auch erklären, warum Patienten mit Schwindelmigräne besonders anfällig für die Reisekrankheit sind – auch in symptomfreien Phasen.

Sie vertragen entsprechende Bewegungsreize im Durchschnitt schlechter als andere Menschen. Wie es zu dieser Übererregbarkeit kommt und warum sie gerade das Gleichgewichtssystem betrifft, ist allerdings noch ungeklärt.

Vestibuläre Migräne: Auslöser und Behandlung der Schwindelmigräne


Die vestibuläre Migräne ist in allen Altersgruppen gleich häufig. Männer leiden jedoch seltener darunter als Frauen und die Wahrscheinlichkeit, an Schwindelmigräne zu erkranken, steigt, wenn sie bereits in der Familie vorkommt.

Aufgrund der Symptomatik wird die vestibuläre Migräne in einigen Fällen eher zu den Schwindelerkrankungen gezählt als zu den Migräneformen. Jedoch sind bei genauerer Betrachtung viele Gemeinsamkeiten mit der gewöhnlichen Migräne erkennbar.

So kann die vestibuläre Migräne durch die gleichen Auslöser hervorgerufen werden. Dazu zählen unter anderem:

  • hormonelle Schwankungen
  • Veränderungen im Schlafrhythmus
  • Stress
  • bestimmte Lebensmittel

Auch die Behandlung einer vestibulären Migräne entspricht den Richtlinien für Therapie und Prophylaxe regulärer Migräne. Gegen den Schwindel selbst werden bislang keine gesonderten Medikamente empfohlen.

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