Definition: Was ist eine chronische Migräne?


Dabei handelt es sich um eine sehr seltene Erscheinung der Migräne. Meistens tritt sie als Folge der Migräne ohne Aura (starke Kopfschmerzen ohne vorherige neurologischen Störungen, die die Schmerzattacken ankündigen) auf.

Per Definition der International Headache Society (IHS) müssen folgende Merkmale vorliegen, damit Mediziner die Beschwerden einer chronischen Migräne zuordnen:

  • es besteht kein regelmäßiger Medikamentengebrauch (zum Beispiel Schmerz- oder Migränemittel)
  • in der Vorgeschichte befindet sich eine episodische Migräne
  • Kopfschmerzen müssen an mindestens 15 Tagen pro Monat auftreten
  • über drei Monate hinweg kommt es an mindestens 7 Tagen und mehr pro Monat zu Migräneanfällen ohne Aura von 4 bis 72 Stunden Dauer
  • ein Fachmann erkennt keine sonstigen Migräneformen wie eine herkömmliche Migräne mit oder ohne Aura
  • die Vorgeschichte sowie körperliche und neurologische Untersuchungen des Betroffenen schließen andere Krankheiten als Ursache aus

Patienten, die ständig an Migräne leiden, sind in ihrem Alltag stark eingeschränkt. Oft können sie auch ihren Beruf nicht mehr ausüben, da die Schmerzen sie zu sehr beeinträchtigen.

Nicht selten empfinden Betroffene daher eine deutliche Verschlechterung ihrer Lebensqualität. Das drückt dauerhaft auf ihre Stimmung – Angststörungen und Depressionen sind eine häufige Folge.

Exkurs zu Zahlen und Fakten rund um die chronische Migräne1

  • maximal 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung leiden an dieser Form
  • viermal mehr Frauen als Männer sind von einer chronischen Migräne betroffen
  • bei etwa 80 Prozent der Patienten besteht eine psychische Begleiterkrankung wie etwa Depressionen oder Panikattacken
  • wahrscheinliche Risikofaktoren für eine ständige Migräne sind Übergewicht, Schädel-Hirn-Traumen oder belastende Ereignisse in der Vergangenheit

Diagnose: Chronische Migräne


In der ersten Ausgabe der Internationalen Kopfschmerzklassifikation 1988 der IHS ist die chronische Migräne unter den 165 aufgelisteten Diagnosen nicht zu finden. Erst 2004 wurde die seltene Art der Migräne als eigenständig auftretende Form ergänzt. Auch wenn das nun schon eine Weile her ist, stellt die Diagnose weltweit noch immer eine Herausforderung dar.

Der Grund dafür ist, dass die Differenzierung zwischen einer chronischen Migräne (die der Definition der IHS entspricht) und ständig auftretenden migräneartigen Schmerzen aufgrund von Medikamentenübergebrauch schwierig ist.

Diese, auch sogenannte medikamenteninduzierte Migräne, entsteht in einer Art Teufelskreis: Wer regelmäßig an Migräne leidet, der nimmt auch ständig Medikamente gegen diese ein.

Die meisten Betroffenen verwenden die Mittel dann auch aus Angst vor weiteren Schmerzattacken vorbeugend – so passiert es nicht selten, dass die schmerzsenkenden Mittel in einer viel stärkeren Dosis verzehrt werden, als es die Packungsbeilage vorschreibt.

Eine typische Nebenwirkung von einer dauerhaften Schmerzmitteleinnahme sind jedoch Dauerkopfschmerzen. Ob die Migräne durch Arzneimittel chronisch geworden ist oder vorher schon war, muss der Arzt erst durch gezieltes Abfragen herausfinden.

Ein weiteres Problem bei der Diagnosestellung ist das Ausschließen anderer chronischer Kopfschmerzen. Spannungskopfschmerzen oder Hemicrania continua (einseitiger Dauerkopfschmerz) sind in ihrer Erscheinungsform und dem Schmerzgefühl der chronischen Migräne sehr ähnlich.

Um den Befund der chronischen Migräne stellen zu können, ist es die Aufgabe des Arztes, alle anderen Krankheitserscheinungen auszuschließen sowie das Zutreffen der von der IHS aufgestellten Kriterien abzufragen.

Therapiemöglichkeiten einer ständigen Migräne


Eine Heilung der chronischen Migräne ist nicht möglich. Die Erkrankung lässt sich jedoch so in den Griff bekommen, dass Betroffene weitestgehend für ihren Alltag gewappnet sind. Im Regelfall besteht die Therapie aus drei grundlegenden Bausteinen:

  • vorbeugende Behandlung, um Migräneanfälle zu verringern
  • Umgehen der Migräneauslöser durch Veränderung des Lebensstils
  • akute Eindämmung der Migräneattacken

Die medikamentöse Behandlung der Attacken umfasst bei der akuten Therapie meist Präparate aus dem Bereich der Selbstmedikation. Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Ibuprofen wirken beispielsweise schmerzlindernd bei leichten Migräneattacken.

Gegen stärkere Migräneschmerzen helfen sogenannte Triptane. Diese sind speziell dafür entwickelt worden, die durch Migräne geweiteten Blutgefäße zu verengen und so die Beschwerden zu verringern.

Um einer chronischen Migräne vorzubeugen, stehen verschiedene Präparate zur Verfügung. Typisch sind beispielsweise:

  • Betablocker: Durch das Präparat wird der Blutdruck gesenkt, meist lassen dann auch die pulsierenden Schmerzen im Kopf nach. Der wissenschaftliche Zusammenhang zwischen Migräneschmerz und Puls ist jedoch noch nicht gänzlich geklärt.
  • Kalziumantagonisten: Diese blockieren eine Vielzahl von Kalziumkanälen und wirken so Verkrampfungen der Gefäße entgegen. Da bei Migräne ebenfalls ein Prozess an den Gefäßen für die Schmerzen verantwortlich ist, können Kalziumblocker Migräne vorbeugen.
  • Antiepileptika: Die Präparate verhindern eine übermäßige Erregung von Nervenzellen und wirkt stimmungsstabilisierend. Das kann vorbeugend gegen Migräne helfen.
  • Antidepressiva: Depressionen und möglicherweise auch Migräne haben ihre Ursachen im Gehirnstoffwechsel. Hier setzen Antidepressiva an, indem sie dafür sorgen, dass die Schmerzweiterleitung unterbrochen wird.

Oft hilft es Menschen mit ständiger Migräne bereits, wenn sie ihren Lebensstil hinsichtlich ihrer Ess- und Trinkgewohnheiten, des Schlafes und der Stressauslastung überdenken.

Tipp

Da chronische Migräne bei vielen Leidenden auch zu psychischen Beeinträchtigungen führt, empfiehlt es sich, neben einer ärztlichen Therapie auch eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Dort kann mit anderen Patienten über die Erkrankung sowie Probleme und Beeinträchtigungen im Alltag gesprochen werden.

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